Für Unternehmen in der Pfalz, vom Chemieriesen in Ludwigshafen bis zum innovativen Mittelständler in Landau, ist der Wettbewerb um qualifizierte Köpfe hart. In diesem Ringen um Talente hat sich das Bewertungsportal Kununu zu einer mächtigen Instanz entwickelt. Es gilt als digitaler Gradmesser der Arbeitszufriedenheit, doch oft auch als Pranger. Eine einzelne, vernichtende Kritik kann Bewerber abschrecken, bevor sie überhaupt ein Vorstellungsgespräch vereinbart haben. Die erste Reaktion vieler Geschäftsführer ist der Wunsch, den negativen Eintrag sofort entfernen zu lassen. Doch die Realität ist kompliziert. Das Löschen von Bewertungen ist möglich, bewegt sich aber in einem ständigen Spannungsfeld zwischen dem Schutz der freien Meinungsäußerung und dem legitimen Interesse des Unternehmens an seiner Reputation.
Was die Verfassung (fast) immer schützt
Der entscheidende juristische Maßstab bei der Prüfung einer Bewertung ist die Unterscheidung zwischen einer Meinungsäußerung und einer Tatsachenbehauptung, so der Chip-Ratgeber zum Thema. Das Grundgesetz schützt in Artikel 5 die freie Meinungsäußerung umfassend. Das bedeutet, dass subjektive Werturteile, selbst wenn sie polemisch, überspitzt oder als unfair empfunden werden, in der Regel hingenommen werden müssen. Die Aussage „Der Führungsstil in Abteilung X ist eine Katastrophe“ oder „Ich habe mich dort nie wertgeschätzt gefühlt“ ist eine Meinung. Sie ist durch das Grundrecht gedeckt und kann von Kununu nicht ohne Weiteres entfernt werden, nur weil sie dem Arbeitgeber missfällt. Juristen betonen, dass die Messlatte für die Unzulässigkeit einer Meinung extrem hoch liegt.
Die Grenze zur Rechtswidrigkeit
Die Möglichkeit zur Löschung eröffnet sich erst dort, wo die Kritik das Recht des Unternehmens verletzt. Der stärkste Hebel sind nachweislich unwahre Tatsachenbehauptungen. Eine Tatsache ist, im Gegensatz zur Meinung, objektiv überprüfbar – sie ist entweder wahr oder falsch. Behauptet ein ehemaliger Mitarbeiter: „Trotz vertraglicher Zusage wurde das Weihnachtsgeld nicht gezahlt“, ist dies eine Tatsachenbehauptung. Kann das Unternehmen durch Lohnabrechnungen das Gegenteil beweisen, ist die Bewertung rechtswidrig und der Anspruch auf Löschung besteht. Die Plattform ist nach Meldung verpflichtet, einem solchen Verstoß nachzugehen. Schwierig wird es bei anonymen Behauptungen, deren Wahrheitsgehalt das Unternehmen nicht widerlegen kann, weil die Details zu vage sind.
Wenn Kritik zur reinen Diffamierung wird
Ein weiterer Löschgrund ist die sogenannte Schmähkritik. Dieser Begriff wird oft fälschlicherweise für jede harsche Kritik verwendet. Rechtlich meint „Schmähung“ jedoch etwas sehr Spezifisches: Eine Äußerung gilt erst dann als Schmähkritik, wenn sie jede sachliche Grundlage verlässt und der einzige Zweck der Äußerung die persönliche Diffamierung und Herabwürdigung des Unternehmens oder einer Person ist. Die reine Beleidigung („Der Chef ist ein…“) ohne jeden Bezug zur Arbeitsleistung fällt hierunter. Die Hürden sind jedoch hoch. Selbst Kraftausdrücke im Kontext einer ansonsten sachlichen Auseinandersetzung werden von Gerichten oft noch als Teil einer zugespitzten Meinungsäußerung gewertet. Außerdem sind Einträge löschbar, die Betriebsgeheimnisse preisgeben oder die Klarnamen von nicht-leitenden Angestellten nennen und damit deren Persönlichkeitsrechte verletzen.
Der Weg zur Löschung in der Praxis
Ein Unternehmen, das eine rechtswidrige Bewertung entdeckt, muss aktiv werden. Der erste Schritt ist die formelle Meldung an Kununu. Ein einfacher Klick auf den Melde-Button mit dem Kommentar „unfair“ reicht nicht aus. Die Meldung muss substantiiert sein. Das Unternehmen muss exakt darlegen, welche Passage warum rechtswidrig ist. Handelt es sich um eine unwahre Tatsache? Ist es Schmähkritik? Liegt eine Beleidigung vor? Kununu leitet daraufhin meist ein Prüfverfahren ein und konfrontiert den anonymen Verfasser mit den Vorwürfen. Liefert der Verfasser keine Belege für seine Tatsachenbehauptungen oder reagiert gar nicht, steigen die Chancen auf eine Löschung. Weigert sich die Plattform, ist der nächste Schritt oft der Gang zu einem spezialisierten Rechtsanwalt, der den Anspruch mit Nachdruck geltend macht – notfalls auch gerichtlich.
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Titelbild: Bild: https://pixabay.com/photos/megaphone-loudspeaker-woman-6181050/





